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Angela Westdorf ist Managing Partner bei Signium am Standort Köln. Seit 1998 ist sie bei Signium mit Fokus auf Life Sciences und Healthcare aktiv. Zu Angela Westdorfs Klienten zählen Unternehmen aus Life Sciences in den Bereichen Pharma/Biotech und...
Wenn sich die Vorstandsmitglieder des Gesundheitskonzerns Fresenius SE zu ihren Sitzungen treffen, versammeln sich neben drei Deutschen, ein Österreicher, ein US-Amerikaner, ein Schwede und eine Britin. Selbst in der stark globalisierten Welt der deutschen DAX-Konzerne ist solch ein international aufgestelltes oberstes Führungsgremium die Ausnahme. Bei E.ON, RWE oder Thyssen Krupp etwa bleiben die Deutschen im vierköpfigen Vorstand ganz unter sich. Auch beim Autobauer BMW, der den Löwenanteil seines Umsatzes 2017 jenseits der Heimat einfuhr, heißt es im Vorstand: Man spricht Deutsch. Personalvorstand Milagros Caina Carreiro-Andree wurde zwar in Spanien geboren, wuchs aber hier auf. Exportweltmeister Deutschland produziert und verkauft seine Waren zwar rund um den Globus, doch die Entscheidungen treffen meist Einheimische. Seit knapp zehn Jahren verharrt der Anteil von Vorständen nicht-deutscher Herkunft bei unter 30 Prozent, ergab eine Studie. Immerhin: Im vergangenen Jahr besaßen von den neu ernannten DAX-Vorständen fast 40 Prozent einen ausländischen Pass.
Für Angela Westdorf, Managing Partner bei Signium und seit Anfang 2018 Vice Chairman im internationalen Board von Signium, ist ein Umdenken unerlässlich. „Mit einer bestimmten Nationalität können sich Unternehmen auch eine bestimmte Kultur in das Board holen.“ Wenn dann zum Beispiel deutsche Gründlichkeit auf amerikanische Durchsetzungskraft oder auf indisches Improvisationstalent treffe, könne diese Mischung durchaus sehr förderlich für den Unternehmenserfolg sein. Mit zunehmender Globalisierung würden sich die Firmen zudem verstärkt Know-how aus den wichtigen Märkten einkaufen. Die Motive für diesen Schritt können ganz unterschiedlich sein. „Man holt Experten, weil ein Land bereits wichtig geworden ist, weil es beginnt, ein Wachstumsträger zu werden oder auch, weil man vor Ort Probleme und noch nicht die gewünschten Ziele erreicht hat“, erklärt die Executive Search-Spezialistin, die sich auf Life Sciences und Healthcare spezialisiert hat. So sei auch zu erklären, warum so viele unter den ausländischen Top-Führungskräften aus den USA kämen. Für deutsche Unternehmen waren die Vereinigten Staaten im vergangenen Jahr der wichtigste Exportmarkt. China, die Nummer Drei bei den Ausfuhren, ist bei den Herkunftsländern in deutschen Chefetagen allerdings kaum vertreten. Zu den Ausnahmen zählt Zhengrong Liu, gebürtiger Shanghaier und seit 2014 Beiersdorf-Personalvorstand. Wenn chinesische Firmen jedoch ihre Beteiligungen in Deutschland, wie zuletzt zum Beispiel bei Daimler, weiter hochfahren, könnte sich auch das bald ändern.
Auch bei ihren Klienten aus der Pharma- und Medizintechnik beobachtet die Personalberaterin eine verstärkte Nachfrage nach Führungskräften aus dem Ausland. Zunehmend würden die Firmen ihre Headquarter in Deutschland internationalisieren. „Suchaufträge können dann auch schon mal lauten: Wir sind für alle Nationalitäten offen, solange Sie uns keinen Deutschen vorschlagen“, berichtet Westdorf. Dank eines dicht geknüpften Kontaktnetzwerks, kontinuierlich optimierter Suchprozesse, schneller und unbürokratischer interner Abläufe sowie internationaler Standorte stelle Signium sicher, dass die Suche effizient und professionell laufe. Das Unternehmen,1951 in den USA gegründet und seit mehr als 35 Jahren in Deutschland, ist heute mit 43 Büros in 30 Ländern vertreten. Zuletzt kamen Büros in Mexiko-City und Seoul (Korea) hinzu. Dank der positiven wirtschaftlichen Lage, der politischen Stabilität und der vergleichsweise guten Verdienstchancen gelte Deutschland im Ausland zudem als attraktiver Arbeitsmarkt, was die Suche erleichtere.
Die verhältnismäßig langsame Internationalisierung der Vorstände in deutschen Unternehmen erklärt Westdorf auch mit dem immer noch starken Trend, dass vor allem der CEO meist aus den eigenen Reihen besetzt werde. Ebenso gilt das, wenngleich etwas schwächer ausgeprägt, für den CFO. Oftmals waren auch die Ausländer schon lange an Bord, bevor sie in den Vorstand aufrückten. So hat die Allianz gerade den Spanier Iván de la Sota als ersten Chief Digital Officer in den Vorstand geholt. Der 53-Jährige, der fließend Deutsch spricht, hatte bislang die ibero-lateinamerikanische Region für die Allianz geleitet und ist schon seit 27 Jahren bei dem Versicherungskonzern. Auch die Britin Karen Parkin, seit 2017 Adidas-Vorstand, arbeitet schon seit 1997 bei dem Sportartikelriesen.
Weitere Bremsen der Internationalisierung könnten, so Westdorf, Sprachbarrieren sein. Nicht viele ausländische Manager würden Deutsch so gut beherrschen, dass sie sich problemlos mit den Kollegen auch auf fachlicher Ebene austauschen könnten. Und in nicht jedem Unternehmen sei es selbstverständlich, dass bei Anwesenheit eines nicht Deutsch sprechenden Kollegen, alle anderen ins Englische wechseln würden. Sie habe schon Fälle erlebt, in denen sehr qualifizierte Manager nach einigen Monaten entnervt das Handtuch geworfen hätten. „Ausländische Manager haben es zum Beispiel in UK viel einfacher, weil die meisten von ihnen Englisch beherrschen“, ist Westdorf überzeugt.
Doch auch in dieser Beziehung denken zumindest die großen börsennotierten Konzerne um. Eine Ende 2017 veröffentlichte Umfrage des Handelsblatts bei DAX-Konzernen ergab, dass immerhin 18 der 30 Unternehmen Englisch als Firmensprache eingeführt haben, darunter Fresenius, Allianz, Bayer, Linde, SAP und Siemens. Dokumente, Anweisungen und Richtlinien werden bei ihnen auf Englisch abgefasst. Von ihren Führungskräften erwarten diese Arbeitgeber zudem verhandlungssicheres Englisch.
Ganz anders die Mittelständler. Obwohl diese besonders stark über den Fachkräftemangel lamentieren, öffnen sie sich nur langsam für ausländische Kollegen. Und Deutsch ist meist gesetzt. Ein Produktionsleiter mit internationaler Ausrichtung, den Westdorf für einen Klienten suchen sollte, sollte – so die Vorgabe – idealerweise sogar schwäbisch sprechen.
Last but not least erschwere manchmal auch die geografische Lage der Unternehmen die Suche. Manch ein Amerikaner frage ja schon, wo Deutschland genau sei, so Westdorfs Erfahrung. Das gelte dann erst recht für Standorte in der Provinz, in der die Mittelständler oftmals und auch einige Konzerne zuhause seien. „Die Konzerne sind aber flexibler geworden. Da die Arbeitsweise ohnehin immer virtueller wird, nehmen auch die Vorbehalte gegen das Pendeln ab.“ Anders bei den Mittelständlern: Hier sei die Präsenz meist Pflicht.